Das Elsass by Frankfurter Allgemeine Archiv

Das Elsass by Frankfurter Allgemeine Archiv

Autor:Frankfurter Allgemeine Archiv
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Frankfurter Allgemeine Zeitung Verlag
veröffentlicht: 2015-04-20T00:00:00+00:00


Besuch im Käsehimmel

Im Sundgau residiert der berühmteste Käsehändler der Welt: Bernard Antony. Er sucht sich nicht nur seine Lieferanten ganz genau aus, sondern auch seine Kunden.

Von Jürgen Dollase

Bernard Antony ist der wichtigste Käsehändler und Affineur der Welt. Der Franzose beliefert von seinem Geschäft im kleinen Sundgauer Städtchen Vieux-Ferrette aus große Teile der mitteleuropäischen und zunehmend auch der internationalen Spitzenküche. Der Starkoch Alain Ducasse zum Beispiel setzt weltweit auf ihn, und ganz allgemein gilt, dass man da, wo sich die französische Spitzenküche in den letzten Jahren international ausbreiten konnte, auch auf Maître Antony trifft. Seine Arbeit ist außergewöhnlich konsequent und schafft einen tiefen Einblick in die Mechanik der kulinarischen Exzellenz französischer Genusshandwerker.

An dem landestypischen ehemaligen Bauernhaus mitten in einer ruhigen Wohngegend deutet allerdings fast nichts darauf hin, wer hier wohnt und arbeitet. Antony scheint eine fast verschmitzte Freude daran zu haben, hier den bescheidenen Herrn über eine kleine Probierstube und eine nicht sehr große Käsetheke zu geben und andererseits prestigeträchtige Großauftritte wie die Biennale-Eröffnung in Venedig zu bewältigen. Eine museumsreife, mit viel Vergnügen präsentierte Sammlung von erstaunlich ausführlichen Dankesbriefen (viele von höchstrangigen Politikern) zeugt weniger vom renommierten Star mit unglaublichen Verbindungen als eher vom Staunen über die Dinge, die das Leben so mit sich bringt.

Antony fährt immer noch mit einem Wagen auf ein paar Märkte der Gegend, also dorthin, wo er 1971 angefangen hat – damals noch mit einer Epicerie, mit 'einfachem Käse, Tischwein und Büstenhaltern'. Der Entwicklungssprung kam mit der Verbindung zu Pierre Androuet, einem legendären Pariser Käsehändler und Autor von Standardwerken über die Käse Frankreichs und der Welt. Antony verfügt nicht wirklich über eine Ausbildung in den üblichen Kategorien, sondern über eine Art fachspezifische Sozialisation auf höchstem Niveau, eine Verbindung von persönlicher Eignung, Meisterschülerkorrekturen und den richtigen Kontakten. So etwas kennt man sonst nur aus Manufakturen der hochwertigsten Art.

Natürlich gibt es hinter der Käsetheke heute auch ein hochtechnisiertes Gewirr von neuen Räumen, in dem – wie bei Spitzenweinen – mit äußerster Detailgenauigkeit gearbeitet wird. Die Reiferäume sehen bestechend aus, und die Käse scheinen wie auf Exerzitien in einer klösterlich abgeschirmten Umgebung voller Purismus und Konzentration zu sein. Manchmal betritt man einen Reifekeller und erkennt sofort Zusammenhänge zwischen dem Geschmack der Käse und dem Geruch im Raum. Manche andere Spezialisten pflegen ein unverwechselbares Mikroklima, reifen die Käse nicht nur, sondern imprägnieren sie quasi mit einer persönlichen Note. Es entsteht ein individueller Käse, der zwar aus einer bestimmten Appellation stammt, aber sozusagen ergänzt wird. Antony arbeitet anders. Die Reifung geht nur über die Zeit, die Temperatur- und Feuchtigkeitskontrolle und ein minimales aromatisches Übersprechen zwischen den Käsen, die er in kleinen Räumen in einer Art von Familien reifen lässt. Deutlich unterschiedliche Käse liegen nie nahe zusammen, und die Räume werden penibel sauber gehalten.

Ziel und Ergebnis dieser Praktik sind eben nicht die Individualisierung, sondern die Optimierung des Produkts. Das hat zwei Konsequenzen. Da ist zunächst eine innere, die die Lieferanten, also die eigentlichen Käsehersteller, betrifft. Sie müssen von exzellenter Qualität sein, und das von der Art der Tiere über die Fütterung bis zur Haltung.



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